Die Fahrt mit dem Camper durch Nord-Norwegen geht weiter und wir erreichen Nordkyn und den Herbst in Finnland. Das ist der 2. Teil des Reiseberichts Skandinavien im Herbst 2025.
Nach der stürmischen Nacht, die wir gut überstanden haben, ging es weiter. Wir fuhren nun die E8 bis wir bei Nordkjosbotn die E6 wieder erreichten. Unterwegs schwenkten wir einmal auf die alte Strecke, die wunderschön an der Küste entlangführt.
Kurz vor Overgård kamen wir am Piggsteinen vorbei. Wir können bestätigen, dass er wohl jedes mal anders aussieht.
Weiter auf der E6 ging es am wunderschönen Lyngenfjord vorbei. In dieser Region müssen wir uns unbedingt einmal länger aufhalten. Die Berge, der Fjord – einfach schön.
Wir kamen natürlich auch an der Insta-Schaukel bei Skibotn vorbei…
Ein kurzes Foto und es ging weiter zu unserem Schlafplatz. Ich hatte einen schönen Spot an einem Fjordausläufer ausgesucht. Aber leider war der Spot nicht zu befahren. Der Untergrund war derart ausgehöhlt, das wollte ich nicht riskieren. Es endete damit, dass ich gut 100 Meter bergauf rückwärts durch eine enge Baumgasse fahren musste. Alle weiteren Spots waren entweder zu exponiert oder schon belegt. Wir fuhren die E6 wieder etwas zurück bis zur alten Straße am / oberhalb des E6 Tunnel (Oksfjordveien). Dort hatten wir einen schönen Schlafplatz mit wunderbarer Aussicht. Rechts und links wuchs Wollgras.
Am nächsten Tag (13.09.25) ging es weiter Nordwärts. Wir wollten heute eine der Nationalen Touristenstraßen fahren, die Route Havøysund. Die Übernachtung war dann am Stellplatz in Havøysund geplant. Aber wie so oft – Pläne ändern sich.
Auf der Route sahen wir dann auch endlich das erste Rentier. Normalerweise sehen wir schon viel früher und weiter südlich die ersten Rentiere, diesmal erst ganz im Norden. Aber das hatte auch einen Grund. Der Rentierabtrieb hatte schon überall begonnen.
Der Stellplatz in Havøysund ist wunderschön direkt am Fjord gelegen. Aber … wir wollten den Platz anfahren, um zu duschen und Wasser aufzunehmen. Ein Blick in die Dusche ließ mich zurückzucken – ein Gestank nach Schimmel und nassem Putzlappen stach mir scharf in die Nase. Und besonders sauber sah es auch nicht aus. Die Gemeinschaftsküche erwies sich als Raum mit fünf Stühlen an der Wand und einem Spülbecken. Quer über den Fußboden zum offenen Fenster hin war ein Wasserschlauch „verlegt“. Draußen hing dann an der Wand die obligatorische Schauch-Schnecke, die an dem Schlauch angeschlossen war. Das Wasser würden wir nicht nehmen, soweit klar. Und da alles andere auch nicht unseren Vorstellungen entsprach, sind wir mal wieder weiter gefahren. Zum Glück!
Denn kurze Zeit später sahen wir am Straßenrand viele Fahrzeuge stehen. Pickups, Quads, Pkw. Links hinter den Fahrzeugen sah ich GANZ VIELE RENTIERE!
Wir waren offensichtlich an einem Ort angekommen, an dem die Rentiere nach dem Abtrieb in einem Pferch gesammelt werden, um dann anhand ihrer Markierungen den Eigentümern wieder zugeordnet zu werden. Das wollte ich schon immer sehen. Wir haben schnell angehalten, sind rüber an den Zaun. Ich habe mich mit den Sami kurz unterhalten können (ich spreche Deutsch, Dänisch und Englisch und das Norwegische ist dem Dänischen sehr ähnlich). Das war sehr interessant. Meine Frage, ob ich ein paar Fotos machen dürfte, wurde bejaht, sofern ich keine Menschen erkennbar ablichten würde. Das versteht sich von selbst und ich konnte loslegen.
Dieser Vorgang der Rentiertrennung heißt auf Norwegisch Reinskilling, auf Schwedisch Renskiljning und auf Finnisch Poronerotus. Vorher wurden die Tiere über den ganzen Tag von den Weideflächen auf den Fjells zusammengetrieben. Das heißt Reinflytting oder reinflytting til vinterbeite (Rentrieb auf die Winterweide). Das Zusammentreiben geschieht mittels Quad, zu Fuß oder mit geländegängigen PKW. Vor Jahren habe ich auch einmal einen Helikopter dabei im Einsatz gesehen.
Die Tiere werden im Pferch immer wieder zum Laufen animiert. So können die Eigentümer ihre Tiere schneller wiederfinden, vor allem auch erkennen, welche der im Sommer geborenen Kälber zu welchen Muttertieren gehören. Die Kälber haben natürlich noch keine Markierungen.
Das war für meine Tochter und mich ein ganz spannendes Erlebnis, weil wir beide ja auch die Rentiere sehr mögen. Allerdings nicht auf dem Teller.
Glücklich, zufrieden und innerlich strahlend nach diesem schönen Abend sind wir weitergefahren. Als Schlafplatz wählten wir einen Campingplatz am Porsangerfjord, wo wir diesen aufregenden Tag beendeten.
Am nächsten Tag ging es weiter Nordwärts, Richtung Honningsvåg. Unterwegs sahen wir noch viele wilde Rentiere.
Natürlich mussten wir unterwegs noch Bilder machen. Die Landschaft und das Wetter waren einfach grandios dafür.
In Honningsvåg sind wir zu einem Aussichtspunkt gefahren. In der Ferne kannst du ein Schiff der Hurtigruten sehen, das gerade Honningsvåg verlässt. Die Hurtigruten Reederei versorgt die ganze Küstenlinie Norwegens mit Post, Paketen, Nahrungsmitteln und vielem mehr. Auch Passagiere können die sogenannte Postschiff-Route mitfahren. Es sind mehrere Schiffe auf den nord- und südwärts gehenden Routen im Einsatz, die sich manchmal bei den Ein- und Ausfahrten am Hafen treffen. Typisch ist auch das laute Schiffshorn, das bei der Abfahrt betätigt wird.
Wir fuhren weiter, und plötzlich waren es mal wieder nur noch 20 km zum Nordkap.
Wir sind aber erstmal auf den Rastplatz Tufjorden gefahren. Das Nordkap wollten wir später besuchen. Wenn es ganz dunkel ist. Und vielleicht Nordlichter da sind.
Gegen 21:00 sind wir dann zum Nordkap gefahren. Seit diesem Jahr gilt, dass maximal 5 Stunden auf dem Parkplatz geparkt werden darf, Übernachtungen sind nicht mehr zulässig. Wir hatten also theoretisch Zeit bis 02:00 Uhr Morgens, um den Globus mit Nordlicht zu fotografieren. Theoretisch. Denn die geschlossene Wolkendecke ließ für diese Nacht alle Vorhaben scheitern. Wir brachen irgendwann ab und fuhren zurück zum Viewpoint am Tufjorden. Dort übernachteten wir zusammen mit wohl 10 anderen Campern.
Am Morgen gab es eine Überraschung. Die Rentiere, die wir am Abend schon gesehen hatten, kehrten zurück. Im frühen Licht, am Fjord – eine schöne Szenerie.
Wir besprachen kurz, ob wir heute Abend noch einmal unser Glück am Kap versuchen wollten, entschieden aber anhand der schlechten Wettervorhersage und der Nordlichtprognose dagegen. Wir fuhren erst süd-, dann ostwärts. Unser Ziel war die Halbinsel Nordkyn. Auf Nordkyn gibt es einen schönen Leuchtturm, Slettnes Fyr, der übrigens der nördlichste seiner Art auf dem europäischen Festland ist. Die Spitze von Nordkyn, Kinnarodden, liegt sogar nördlicher als das Nordkap, ist aber nur zu Fuß zu erreichen.
Unterwegs trafen wir den LKW für die Stäbe. Jeden Herbst werden die Stäbe an den Straßenrand gesteckt. Sie helfen dem Schneepflug im Winter zu erkennen, wo die Straße verläuft. Schwer vorstellbar, aber hier liegen im Winter bis zu zwei Meter Schnee. An offenen Bereichen durch Verwehungen auch oft mehr.
Und dann ganz plötzlich querten wahnsinnig viele Rentiere die Straße. Schnell die Kamera gegriffen, schnell die ActionCam angeschaltet (das Video gibt’s hier). Das war jetzt wirklich der Knaller!
Später sahen wir den Sami mit seinem Quad oben am Berg stehen, er hatte die Tiere in diese Richtung getrieben.
Für uns war das mal wieder ein tolles Erlebnis! Und der Rentierabtrieb überall ist natürlich der Grund dafür, dass wir weiter südlich keine Rentiere gesehen haben – die waren alle schon „eingesammelt“.
Wir fuhren weiter in Richtung Gamvik. Die Landschaft hatte sich wieder verändert. Hier gab es viele Bäume, allerdings nur niedrige, und alle waren schon gelb/rot gefärbt.
In Gamvik besuchten wir dann auch „Das Standhaftige Folk„. Das Kunstwerk stammt von Reijo Kela (der Link enthält leider nur einen finnischer Wiki-Artikel), der auch „Das stille Volk“ in Finnland geschaffen hat. Sie stehen da und sehen in die Bucht.
Die Wetterlage war für Nordlichter eigentlich vielversprechend, die Prognose war auch ganz gut. Aber nur eine Stunde nach der Aufnahme unten zog es zu, es war nur noch dunkel draußen. Schade.
Am nächsten Tag, dem 16.09.25, sind wir weitergefahren. Die Richtung: das Land der unaussprechlichen Namen, Finnland. Wir konnten am Nachmittag die norwegisch-finnische Grenze bei Utsjoki überqueren und haben gleich auf dem ersten Campingplatz eingecheckt. Wäsche waschen stand an und hier gibt es eine Maschine und einen Trockner. Das Ganze gestaltete sich etwas schwierig, weil nur Mitarbeiter die Maschinen bedienen durften. Aber wir hatten zur Abreise am nächsten Tag tatsächlich alles gewaschen und fast trocken. Am Abend hatten wir noch Spaß mit Mücken. Die paar Minuten, die es brauchte um uns an den Strom anzuschließen, reichten aus, um Mengen der Quälgeister in den Camper zu transportieren. Noch tagelang fanden wir immer wieder mal eine Mücke im Wagen. Ob es nun an der Irritation durch die Mücken lag oder einfach nur Pech – der Kaffee, den ich im Spülbecken am Aufbrühen war, kippte um. Natürlich war der Kaffeefilter voller Wasser. Und natürlich kippte die ganze Masse rüber auf das offen stehende Kochfeld. So eine Schweinerei hatte ich noch nie fabriziert. Hab’s dann unter „Nachmittägliche Unterhaltung“ gebucht und sauber gemacht. Seitdem bin ich mindestens doppelt vorsichtig beim Kaffee kochen.
Auf dem Weg zur Grenze sind wir noch durch einmalige Landschaften gefahren. An einer Stelle standen noch die Strohpuppen und Zäune für den Rentierabtrieb an der Straße.
Unser nächstes Ziel hieß Rovaniemi, wo wir wieder den Polarkreis überqueren würden. Diesmal aber südwärts.
Die Fahrt von dem Campingplatz bis Inari war schön. In Inari wollten wir eigentlich das Sami Museum besuchen, von dem ich so viel gehört hatte, aber der Parkplatz war um die Mittagszeit zu voll, keine Möglichkeit zu parken. Wir warteten noch eine Stunde etwas außerhalb, ob sich die Situation verbesserte, aber nein, keine Lücke für Rudi. Weil es nun schon Nachmittag war, fuhren wir weiter in Richtung Rovaniemi, zu unserem heutigen Schlafplatz.
In Finnland sind viel mehr Bäume als im nördlichen Norwegen zu sehen, und der Herbst war hier, Mitte September, auch schon in voller Ausprägung sichtbar.
Wir hatten Glück und fanden einen fantastischen Spot für die Nacht an einem der gefühlt 8 Millionen Seen Finnlands.
Im nächsten Teil überqueren wir bei Rovanemi im Weihnachtsmann-Dorf den Polarkreis und wechseln über nach Schweden.
Wow, wieder ein toller Bericht und von den Fotos brauchen wir gar nicht erst reden. Die sind mal wieder klasse.