Schon im letzten Jahr hatte ich mir für diesen Herbst einen Camper gemietet. Ich wollte damit – so der Plan – Fjord-Norwegen bereisen. Die Route stand fest, Fotospots, Aussichtspunkte und Wanderrouten waren festgelegt. Sogar die Fähre hatte ich im Juli gebucht. Doch es kam alles anders.
Norwegens Einreisebeschränkungen (10 Tage Quarantäne) waren der Grund für eine Planänderungen. Und durch die weitere Entwicklung von Covid-19 Ausbrüchen an dortigen HotSpots, ließ ich den Plan B – Bayern zu bereisen – ebenfalls fallen.
Übrig blieb – Schweden. Plan C. Und so ging es am 25.09.20 zum Camper-Verleiher kurz vor Hamburg, um das Urlaubsgefährt abzuholen. Ich bekam leider nicht das gewünschte Fahrzeug, die Pandemie hatte mir auch hier Stöckchen zwischen die Beine geworfen. So wurde es ein 5,99 mtr. langer Karman Davis 590.
Vorab: Schweden ist nicht Norwegen (logisch) aber auch schön. Anders schön, aber schön. Der Süden zeigt sich als hügelige Kulturlandschaft, teilweise fühlte ich mich an unser Angeln erinnert und wähnte mich in Schleswig-Holstein. Die westlichen Küstenbereiche sind felsig, es gibt Schären. Im mittleren Teil Schwedens begrüsste mich die Seenlandschaft. Der Norden – den ich nicht bereist habe – wird dann bergiger und kärger.
Anreise
Da ich in der Nähe von Flensburg wohne, bin ich über Dänemark angereist. Im Rahmen meiner Norwegen Vorbereitungen hatte ich mir einen BroBizz geholt. Dieses kleine elektronische Dingens rechnet in Norwegen die Mautstrassen mit ab (mit Rabatten!). Hat man zusätzlich eine Ferjekort (habe ich), werden die norwegischen Inlands-Fähren ebenfalls über den Chip abgerechnet (halbiert in etwa die Fährkosten).
Weil es ja nun aber nach Schweden ging, habe ich zusätzlich ein Jahresabo (BroPas, 315 DKK) für die Öresundbrücke abgeschlossen. Das Jahresabo (BroPas) schließt du entweder über dein BroBizz Konto ab, dann wird die Rechnung auch entsprechend von deiner Kreditkarte abgebucht, oder direkt bei https://www.oresundsbron.com/de/signup/bropas. Du brauchst für den BroPas keinen BroBizz, du kannst direkt abschließen und das Abo mit deinem Kennzeichen verbinden.
Durch das Abo halbiert sich in etwa die Brückenmaut für die Öresundbrücke, was sich schon bei der ersten Hin- und Rückreise amortisiert.
Die Preise für Wohnmobile bis 3,5 Tonnen und kürzer als 6 mtr. länge ohne/mit BroBizz und Jahresabo:
ohne BroBizz und Abo | ohne Bizz und Abo, online | mit BroBizz und Abo | ohne BroBizz mit Abo | |
Große Belt Brücke | 245 DKK | 245 DKK (online nicht möglich) | 194 DKK | 245 DKK |
Öresundbrücke | 390 DKK | 355 DKK | 170 DKK | 170 DKK |
x 2 | 1.270 DKK | 1.200 DKK | 728 DKK | 830 DKK |
BroBizz | 200 DKK | |||
Jahresabo Öresundbrücke | 315 DKK | 315 DKK | ||
Gesamtkosten bei 2 Querungen | 1.270 DKK | 1.200 DKK | 1.243 DKK | 1.145 DKK |
Kosten ab der 2. Querung (1 Jahr lang) | 1.270 DKK | 1.200 DKK | 728 DKK | 830 DKK |
Übernachten mit dem Camper
Die erste Station in Schweden sollte Malmö sein. Ich hatte einen Stallplatz am Hafen ausgemacht. Leider verwehrte mir eine Baustelle die Zufahrt und im Anschluss habe ich mich trotz GoogleMaps im Berufsverkehr in der Stadt rettungslos verfahren … Am Ende fand ich nördlich von Malmö einen Übernachtungsplatz.
Die Suche nach Stellplätzen für die Nacht sollte sich durch den ganzen Reisezeitraum durchziehen. Etliche Stellplätze waren für die Saison bereits geschlossen, Campingplätze auch. Oder ich verpasste den Checkin-Zeitraum (wer bitte fährt bis 15:00 Uhr einen Campingplatz an?). Oder der Self-Checkin barg merkwürdige Prozeduren (SMS schicken und bekommen, Geld in Briefumschlag in einem Kasten ablegen usw.) Oder zahlbar mit Swish (Swish ist nur für Leute mit einem schwedischen Bankkonto). Freistehen erwies sich als schwierig, die Regenfälle der letzten Woche hatten viele Waldwege schwer zugänglich gemacht. Und mit einem Leihfahrzeug wollte ich den Wegen teilweise nicht trauen. Mehr als einmal fand ich nur nach langer Suche mit mehreren Anläufen einen Platz für die Nacht. Wohlgemerkt: Stellplätze und Campingplätze. Die Saison ist Ende September definitiv vorbei.
Die Route
Eine festgelegte Route hatte ich nicht. Was ich immer habe, ist meine GoogleMap mit den recherchierten Fotospots. Und die versuchte ich anzufahren. Wie immer habe ich die besuchten Spots mit gelb markiert.
Und wie immer habe ich nicht alles “geschafft”, was ich mir vorgenommen habe. Wie immer hatte ich mir auch diesmal zu viel vorgenommen. So war mir zum Beispiel schnell klar, dass ich die Insel Gotland wohl auslassen muss. Und auch so einiges andere auch …
Die ersten Tage habe ich mich an der Westküste nordwärts bewegt. Mit kurzen Schlenkern in die Landesmitte hinein. So besuchte ich ziemlich an Anfang der Reise das Örtchen Varberg. In Varberg gibt es einen netten Hafen, einen Strand, und ein Kaltbadehaus. In Skandinavien sind Kaltbadehäuser Tradition. Viele davon sind architektonisch wundervoll gestaltet und geben wunderbare Fotomotive her.
Es ging weiter nach Åsle Tå. Åsle Tå ist ein Erlebnis-Museum. Hier ist ein altes schwedisches Dorf nachgebaut. Wenn das Museum geöffnet ist (in der Saison…) kannst du in den Häusern sehen, wie die Menschen gelebt und gearbeitet haben. Eine wunderschöne Sache.
Danach ging es weiter zur Varnhems klosterkyrka, die quasi um die Ecke liegt. Interessant sind die archäologischen Ausgrabungen der früheren Kirche, und auch die Ruinen des Mönchsklosters.
Von Varnhem ging es weiter nach Vaholm. In Vaholm findest du Schwedens ältestes Brückenhaus, Vaholms brohus.
Danach war es mal wieder einmal Zeit, einen Platz für die Nacht zu suchen.
Ein Schloss
Der Tag sollte mit einem Schloss beginnen – das Schloss Läckö! Das Schloss liegt in wundervoller Landschaft auf einer Halbinsel in einem Naturschutzgebiet. Das Fotografieren war schwierig, denn leider ist die weiße Farbe verwaschen, und überall sind rote Schlieren an der Fassade. Aber aus der Entfernung ist das Schloss trotzdem ein toller Anblick gewesen.
Vom Schloss Läckö aus ging es weiter zum ersten Wasserfall – Byklevsfallet. Es war nicht ganz eindeutig, wo sich der Wasserfall befindet, aber letztlich habe ich ihn gefunden. Durch die Regenfälle der letzten Tage und die mitgerissene Erde ist das Wasser bräunlich und wild.
Von dort ging es weiter nach Middelarna, wo ich den Stellplatz per PayPal bezahlen konnte. Wie an vielen anderen Orten auch, lief es auch hier über Vertrauen: du zahlst was du verwendest (mit Strom oder ohne). Ent- und Versorgen konnte ich auch hier, und es war ein schöner Ort.
Den gesamten Stellplatz hatte ich dann ganz für mich alleine.
Alles Schrott
Dieser Tag begann mit wunderbaren Aussichten auf Seen bevor es zum Schrottplatz ging.
Båstnäs. Für Fans alter Wagen und Schrottplätze einer der “Must-Visit”-Orte. Früher war der Schrottplatz ein Ort, an dem die Brüder Ivansson Fahrzeuge zerlegten, um die Teile dann nach Norwegen zu verkaufen. Das war für die Norweger günstiger, als ein ganzes Fahrzeug zu kaufen, Zölle und Steuern wurden so umgangen. 1986 wurde dieser Geschäftszweig aufgegeben, und seitdem verrotten hier wohl an die 1.000 Fahrzeuge. Der Reiz des Ortes liegt darin, dass die Natur sich langsam aber stetig das Gelände zurückerobert. Leider haben Diebe und Souvenirjäger sich vielfach bedient und es gibt auch Widerstand seitens der Naturschutzverbände. Aber noch ist dieser Ort ein Mekka für Fotografen und Lost-Place Fans. Båstnäs steht schon ziemlich lange auf meiner Foto-Spot-Map, und heute war es endlich soweit!
Den Platz musst du dir mühsam verdienen – die Anfahrt läuft über ca. 20 Kilometer Schotterstrecke, die zum großen Teil als single-track-road ausgeformt ist. Mit meinem Leih-Geschütz von 5,99 Länge und ca. 2,30 Breite für mich eine Herausforderung. Und ganz oft schoss mit der Gedanke “hoffentlich kommt mir da jetzt keiner entgegen” durch den Kopf.
Båstnäs hat mich auf eine ganz besondere Art angesprochen, es ist ein Ort, an dem alles möglich scheint. Zu sehen, dass ehemals teure Fahrzeuge hier einfach von Moosen und Farnen überwachsen werden, dass Bäume durch Motorräume gesprossen sind und nun gen Himmel wachsen, hat irgendwie ein post-zivilisatorisches Aroma. Ich denke, genau das ist der Grund, warum Orte wie dieser so viele Fotografen anziehen.
Mehr Bilder findest du unten in der Galerie.
Von wilden Tieren
An diesem Tag sollte ich das nördlichste Ziel dieser Reise erreichen – Orsa, der Raubtierpark. Im Park befinden sich Braunbären, Eisbären, Wölfe, Viefraß und einiges mehr. Der Park ist kein Zoo, in dem du die Tiere bequem beobachten kannst. Hier sind die Gehege groß und bieten reichlich Verstecke für die Tiere. Und so kam es, dass ich in den ganzen 3 Stunden vor Ort nur eine Braunbärin mit ihren drei Jungen (durch engen Maschendraht) und einen Vielfraß zu sehen bekam. Trotz 2-stündiger Warterei vor den Wolfsgehen kam mir kein einziger Wolf vor die Linse. Schade.
Weiter ging es in süd-östlicher Richtung.
Das nächste Ziel hieß Anundshög. Anundshög ist ein bedeutender Platz der Wikingerzeit mit Schiffssetzungen, Steinsetzungen, Grabhügeln und einem Runenstein. Hier kannst du Geschichte förmlich atmen spüren.
Mehr Wasser
Der nächste Tag führte mich nach Röttle By. Dort wollte ich mir die alte Wassermühle, Rasmus Kvarn, ansehen. Es sollte dort auch einen schönen Wasserfall geben. Ich war gespannt!
Angekommen in der kleinen Stadt parkte ich auf dem Wanderparkplatz und ging das kurze Stück in die Stadt zur Wassermühle. Das alte Gebäude sah schön aus, der Wasserlauf wild-romatisch.
Doch das sollte nicht alles sein. Ein Stück in die Stadt hinein kam ich an den Wasserfall -auch hier steht ein altes Mühlengebäude.
Und immer wieder kam ich an schönen, verwunschenen Orten vorbei.
Unterwegs
Der nächste Tag führte mich weiter südwärts. Die Schlossruine Kronoberg lag auf dem Weg, also kurz hin. Doch leider auch hier: Saisonende und damit keine Besichtigung mehr möglich. Schade.
Und immer wieder trösten die wunderschönen Rastplätze über solche Enttäuschungen hinweg.
Auffällig ist in Schweden, dass die Briefkästen in ländlicher Umgebung so wie hier, immer an der Straße angebracht sind. Das Postauto (natürlich in schwedisch blau-gelb) fährt direkt ran und der Fahrer kann die Briefe bequem einwerfen. Das klappt aber nur, weil die Postautos das Lenkrad auf der rechten Seite haben. So braucht der Fahrer weder gegen den Verkehr anzuhalten noch sich über den Beifahrersitz hinaus zu lehnen. Gute Idee.
Von Öland, Glas und Haien
Die Insel Öland liegt an der süd-östlichen Ecke Schwedens. Öland ist irgendwie anders als das Festland. Es scheint hier Tradition zu sein, die Kürbisse zu feiern. Ob es hier eine große Halloween-Fan-Gemeinde gibt, oder ob das saisonale Gemüse hier einfach “in” ist, konnte ich nicht herausbekommen. Jedenfalls war jeder Eingang, jede Hofeinfahrt und jedes Grundstück mit Kürbissen dekoriert. Und überall am Strassenrand gab es Hinweisschilder auf pumpor (Kürbisse). Auffallend war, dass ich auf dem Festland keine einzige derartige Dekoration fand.
Was ist besonders auf Öland? Öland ist mit dem Festland erst seit 1972 mit einer Brücke verbunden. Und diese Brücke ist riesig, die längste in Schweden. (Die Öresundbrücke gehört zum Teil Dänemark, und ist daher eine kürzere, schwedische Brücke).
Das Wahrzeichen Ölands sind die Windmühlen. Und da ich Windmühlen sehr mag, musste ich natürlich Öland besuchen! Früher gab es ca. 2.000 Windmühlen, heute sind noch ca. 400 erhalten, darunter haupsächlich Bockwindmühlen und einige Holländermühlen.
Die berühmtesten Windmühlen sind die 5 Mühlen von Lerkaka. Aber überall findet man längs der Strasse diese hübschen Mühlen.
Die Schlossruine Borgholm war leider auch nicht von innen zugänglich, ich habe dann kurz entschlossen die Hummel hochgejagt. So bekam ich einen schönen Eindruck dieser großen Anlage.
Nach dem Besuch von Öland ging es weiter – ich besuchte noch einmal (ich war vor ca. 25 Jahren schon einmal dort) die Glashütte Bergdala. Nette Menschen dort, denen du bei der Arbeit zusehen darfst. Wenn du einmal dort bist, schau dir auch das Museum und die Ausstellung an.
Und immer wieder kommt ein See – an diesem gab es sogar Haie!
Es ging weiter zum nächsten Schrottplatz, dem Kyrkö Mosse. Auch hier verrotten Fahrzeuge (ca. 150 Stück) während sie im Sumpf versinken. Dieser Platz gefiel mir nicht so gut, wie der in Båstnäs. Warum, kann ich nicht sagen. Mir schien der Ort zu künstlich, nicht gewachsen, die Fahrzeuge platziert, hingestellt. Wie eine Ausstellung auf Zeit.Wo Båstnäs eine Geschichte erzählt, ist Kyrkö Mosse nur ein Bild.
Abschied von Schweden
Der letzte Tag brach an, ich war schon zurück in Malmö. Hier lag noch ein Fotospot für mich, der Hyllie. Der einstige Wasserturm sieht aus wie ein Ufo auf Beinen und thront über den neuen Bezirk Hyllie.
Die Rückreise verlief dann ebenso wie die Hinreise durch Dänemark. Zu Hause angekommen hieß es erstmal ausräumen, Wäsche sortieren, Waschen … und am Abend dann die Bilder sichten. Da ich tatsächlich vergessen hatte, meinen Laptop mitzunehmen, konnte ich auf dieser Reise keine Datensicherungen vornehmen und auch keine abendliche Bildkontrolle durchführen. Aber – alles ist gutgegangen.
Schweden ist nicht Norwegen, aber Schweden ist auch schön und reich an Erlebnissen, Landschaften und Natur. Vielleicht komme ich einmal wieder? Dann aber in den hohen Norden, nach Schwedisch-Lappland!
Hier zeige ich dir in der Galerie alle meine Schweden Bilder dieser Reise. Im Bericht sind nur einzelne Bilder zu sehen.
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Wenn ich deine Berichte lese und die schönen Fotos dazu ansehe, denke ich mit Wehmut an meine Jahre mit dem Womo zurück. Schön geschildert die Tour und mal wieder tolle Aufnahmen. Danke Anja.
Ich danke dir für diesen netten Kommentar.