71°10’21” oder einmal Nordkap und zurück. Teil 1.

71°10’21” oder einmal Nordkap und zurück. Teil 1.

Lange war sie geplant – unsere Reise mit dem Camper zum Nordkap. Am 26. Mai 2022, Himmelfahrt, ging es los. Weil die Reise über vier Wochen geht, habe ich sie in vier Teile aufgeteilt. Hier findest du den ersten Teil. Viel Spaß beim Lesen!

Geplant hatte ich vieles, vor allem die Route. Die Reise sollte mit dem Camper Marie über Dänemark, Schweden und Finnland nach Norwegen führen, wobei wir schnell durch Schweden und Finnland reisen wollten, um mehr Zeit für Norwegen zu haben.

Der nördlichste Punkt der Reise sollte dann das Nordkap – unter den Koordinaten 71°10’21” bekannt – sein. Am Himmelfahrtstag packten wir – das sind meine Tochter und ich – die letzten Vorräte und anderes in den Wagen. Wasser war aufgefüllt, der Kühlschrank war voll und lief, die Betten bezogen, alles hatte seinen Platz gefunden.

Meine Pack-Liste war vollständig abgehakt und ich hatte das gute Gefühl, nichts vergessen zu haben. Um 20:00 Uhr sollten wir von Frederikshavn in Dänemark nach Göteborg in Schweden übersetzen. Auf diese Weise sparte ich mir gleich am Anfang einige Fahrkilometer. Und durch die hohen Spritpreise waren die Kosten mit einer Brücken-Querung gleich. Dummerweise kam die Fähre natürlich spät in Göteborg an, aber ich hatte schon einen Stellplatz für die Nacht ausgewählt, den wir dann ansteuerten.

Schweden

Der Stellplatz befand sich am Fästningsparken an der Festung Bohus in Kungälv. Jetzt, wo ich diesen Artikel schreibe, lese ich über den Platz, dass dort jetzt regelmässig WoMos aufgebrochen werden und inzwischen Warnschilder dort stehen – ist wohl noch zu dicht an Göteborg. Göteborg hat inzwischen leider einen schlechten Ruf, was die Sicherheit für WoMo Fahrer und ihr Gepäck angeht.

Wir hatten dort aber eine ruhige Nacht. Den Stellplatz hatte ich bei Ankunft mit der App EasyPark bezahlt. Diese App kann ich durchaus empfehlen, du findest in Schweden, Norwegen und Deutschland immer mehr Parkplätze, die du damit bezahlen kannst.

Am 27.05. ging es dann richtig los. Die erste Etappe sollte uns von Göteborg bis nach Mora führen. In der Nähe von Mora, in Orsa, haben wir vor drei Jahren den Raubtierpark besucht. Diesmal war es nur eine Stadt, die wir umfuhren.

In der Nähe von Mora fuhren wir mit Marie in den Wald. Dort sollte unser Stellplatz für die Nacht sein. Ein kleiner Weg, weitab jeglicher Wohnbebauung, führte von der E45 in den Wald hinein. Es ging über eine ziemlich baufällige Brücke, die ich am nächsten Tag nicht noch einmal überqueren wollte – brauchte ich auch nicht, es gab einen anderen Weg aus dem Wald.

Bewachsene Brücke
Bewachsene Brücke

Aber zuerst richteten wir uns ein und gingen dann mit unseren Kameras zurück zur Brücke. Es war schon etwas dunkler, der Wald nahm viel Licht weg, aber ich konnte erkennen, dass wir morgen früh noch einmal wiederkommen sollten.

Bewachsene Brücke
Bewachsene Brücke
Bewachsene Brücke
Bewachsene Brücke

Nach einer ruhigen Nacht schnappten wir dann unsere Kameras, Stativ und Filter und gingen noch einmal zu der Brücke. Ich hatte gesehen, dass sich an der linken Seite eine drehende Strömung befand. Kein Strudel, sondern viel langsamer. Das wurde dann erst in der Langzeit-Belichtung sichtbar.

Kein Strudel
Kein Strudel

Leider blieb der Morgen so trüb. Wir verließen den Wald (über einen anderen Weg, nicht noch einmal über diese Brücke!).

Unser nächstes Ziel – es sollte nass werden – erreichten wir nach ca. 360 km! Drei Wasserfälle standen für diesen und den nächsten Tag auf dem Plan. Den Ristafallet wollten wir von der südlichen Warte aus ansehen, dann weiter zum Tännforsen zu fahren, wo wir auf dem WoMo Platz übernachten wollten, um dann morgens weiter zum Händelsforsen zu fahren.

Panne

Es kam bedauerlicherweise anders. Nachdem wir den Aussichtspunkt zum Ristafallet verließen, blieb Marie stehen. Die Elektrik machte wunderliche Dinge – das Display war voller interessanter Meldungen, die Scheibenwaschanlage entleerte sich, die Scheinwerfer blinkten in einer Tour. Und der Wagen blieb aus, ließ sich nicht starten. Wir waren gerade zwei Tage unterwegs. Sollte das schon das Ende sein?

Abgeschleppt

Über den ADAC bekamen wir einen Abschlepper. Leider konnte der Fahrer das Problem nicht lösen, sondern uns lediglich zu einer Werkstatt in Östersund verbringen. Da es Wochenende war, mussten wir auf dem Parkplatz vor der Werkstatt in Marie übernachten. So endete der 28.05.

Das Wochenende war natürlich nicht besonders lustig. Glücklicherweise hatten wir alles im Wagen, was wir brauchten. Am Montagmorgen, dem 30.05., war ich gleich mit Öffnung der Werkstatt-Türen in der Halle, um unser Problem zu schildern.

Etwas später kamen drei Mechaniker, die den Wagen in die Werkstatt rollten. Die Scheinwerfer blinkten übrigens immer noch, schwach, aber ja.

Es geht weiter!

Etwa eine Stunde später kam die erlösende Nachricht: Der Wagen ist gleich fertig, er läuft wieder! Die Ursache konnte man mir auch sagen: Ein fehlerhaft befestigtes Kabel von der Bordbatterie zur Starterbatterie hatte einen Kurzschluss verursacht, der dann eine 50A Sicherung ausgelöst hatte. Also wieder einmal ein Gruß vom Ausbauer.

Mit drei 50A Sicherungen in Reserve und rund 190 € ärmer konnten wir gegen 11:30 die Werkstatt aus eigener Kraft verlassen und unsere Reise fortsetzen.

Um unseren Zeitplan nicht jetzt schon zu eng werden zu lassen, beschlossen wir, die Wasserfälle zu überspringen und auf der E45 weiter in Richtung Finnland zu fahren.

Wir fuhren bis Norsjövallen, wo wir auf dem Campingplatz “Räsnuddens Camping” eincheckten. Es war Zeit für eine Dusche, und auch unser Grauwasser musste geleert werden.

Der CP liegt auf einer kleinen Insel, umgeben von Wald. Ein Paradies. Für Mücken. Natürlich auch für Menschen 😉

Ich versuchte, uns mit Strom anzuschließen, doch leider gab es hier nicht die erwarteten CEE Buchsen, sondern nur ganz normale Schuko Anschlüsse! Das sollten wir auf der Reise noch öfter erleben. Mir fehlte zum (Strom-) Glück also ein Adapter. Was ich zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste – meine teure Kabeltrommel ist defekt…

Dann habe ich nachgelesen, wie lang der Tag hier wohl ist – im Vergleich zu Flensburg. Allerhand!

Tagesdauer in Norsjövallen
Tagesdauer in Norsjövallen
Tagesdauer in Flensburg
Tagesdauer in Flensburg

Der Tag war also schon etwa 3 3/4 Stunden länger als zu Hause.

Nach einer ruhigen Nacht, einer langen Dusche sowie Ver- und Entsorgung konnte es weitergehen. Das nächste Etappenziel war Överkalix. Unterwegs war die Landschaft wie erwartet – Schwedisch. Bäume, lange und gerade Landstraßen. Es war der 31.05.22

Schweden

Nahe Överkalix bezogen wir nach gut 450 km und reichlich Sightseeing unterwegs unseren vorgesehenen Schlafplatz. Ein Rastplatz nahe der Straße an einem Fluss – wunderschön!

Rastplatz

Wir merkten aber, dass der Straßenverkehr nicht abriss. Das würde keine ruhige Nacht werden. Also noch einmal am Handy gesucht und einen anderen Platz ausgewählt. Dieser hatte zwar keine derartige Atmosphäre, war aber ruhig. Dazu mussten wir dann das erste Mal auf dieser Reise den Polarkreis überqueren!

Den nördlichen Polarkreis erreicht!

Dieser Ort hatte bestimmt schon schönere Zeiten gesehen, aber es sah nach Renovierungsarbeiten aus. Überall in Skandinavien ist an der Stelle, wo der nördliche Polarkreis liegt, eine Markierung. Ab hier beginnt die Mitternachtssonne!

Am morgen des 01.06. haben wir noch einen Abstecher zum Jockfallet (Wasserfall) gemacht. Der führte ordentlich Wasser, was auf die Schneeschmelze in den Bergen zurückzuführen ist.

Jockfallet

Wir erreichen Lappland

Unsere Reise führte uns weiter gen Norden. Bei Luleå erreichten wir Schwedisch-Lappland und prompt trafen wir unser erstes Rentier! Es sollte nicht die letzte Begegnung mit diesen Tieren sein.

Finnland!

Und plötzlich war da dieses Schild – Willkommen im Land der unaussprechlichen Namen! Finnland!

Finnland/Finland
Finnland/Finland

Bei Kaunisjoensuu haben wir die Grenze überquert.

Unsere weitere Route führte uns zur Straße 9552. Irgendwann wurde diese zu einer Schotterpiste. Ich dachte noch “kann ja nicht lange so sein”, doch ich sollte mich irren. Die 9552 ist auf ca. 36 km Schotter. Mit Schlaglöchern, Bodenwellen und allem, was so richtig Spaß macht, wenn der Wagen schon bei einer Bodenwelle lärmt. Das war definitiv nicht lustig.

9552 – Schotterpiste

Doch als Trostpflaster sahen wir massenhaft Rentiere. Einzeltiere, Mütter mit Kälbern und kleinere Verbünde. An den schnelleren Straßen hätten die Tiere sich vielleicht so nicht sehen lassen.

Endlich zurück auf Asphalt sagte ich noch “Jetzt noch eine Herde, die die Straße kreuzt! Das wärs!” Irgendwer hat mich gehört.

Rentierherde
Rentierherde
Rentierherde
Rentierherde
Mummy?
Mummy?

Dieses letzte Bild der Herde, wo ein Muttertier mit ihrem Kalb noch auf der Straße dem herannahenden Fahrzeug entgegenzusehen scheint, ist mein Favorit.

Unser Nachtlager schlugen wir an einem der vielen schönen Rastplätze auf – in Finnland natürlich an einem See.

Schlafplatz am See

Wir standen jetzt kurz vor Inari, morgen sollte es nach Norwegen gehen!

Norwegen

Am 02.06. ging es wie erwartet weiter, wir reisten nach Norwegen ein. Unser Weg sollte uns zur Varanger Halbinsel führen, und dort zur Insel Vardø.

Vorher machten wir noch einen Stopp bei der Kirche von Nesseby, die sehenswert auf einer Landzunge steht.

Nesseby Kirche
Nesseby Kirche

Wir kamen zeitig genug zum Hafen von Vardø, um Tickets für die Überfahrt nach Hornøya zu erstehen. Die Tickets kaufst du in der Touristeninformation. Das ist allerdings kein Schnapper – 60 € / Person.

Um 15:00 ging es dann mit einem kleinen Kutter rüber zur Vogelschutzinsel.

Überfahrt mit dem Kutter

Tipps für den Besuch von Vogelschutzinseln

  • Teleobjektiv, wenn möglich ein Stativ
  • Schutz für die Kameratasche (Vogelkot)
  • Schutz für die Haare (Vogelkot)

Die Überfahrt dauerte ca. 10 Minuten. Und dann waren wir auf der Vogelschutzinsel!

Wir bekamen so einige der nördlichen Stars zu sehen, natürlich auch meine geliebten Papageitaucher. Die zwei Stunden Aufenthalt, die wir hatten, reichten uns dafür vollkommen aus.

Papageitaucher
Papageitaucher
Papageitaucher
Papageitaucher
Papageitaucher
Papageitaucher
Krähenscharbe
Krähenscharbe
Krähenscharbe
Krähenscharbe
Guillemot
Guillemot

Am Ende dieses schönen Tages konnten wir noch die Skulptur Drakkar besuchen – eine Mischung aus Wikingerschiff und Wal.

Drakkar
Drakkar

Danach haben wir Vardø verlassen, die Übernachtungsmöglichkeiten für Camper waren zwar vorhanden, uns waren sie aber zu frei zugänglich. Darum sind wir weitergefahren nach Vadsø, wo wir unser Nachtlager aufschlugen.

Zu Teil 2


Die GPS Daten für den 1. Teil kannst du hier herunterladen:

2 Comments

  1. Hallo Anja,

    wunderschöne Bilder. Sie strahlen so viel Ruhe und damit Entschleunigung aus. Schön anzusehen und laden zum länger Verweilen ein. Stelle ich mir toll vor immer das eigene Bett dabei zu haben und damit ungebunden zu sein. Vielen Dank, für die schönen Impressionen am Morgen.

    Liebe Grüße aus Lübeck
    André

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